Nun war es soweit. Trotz der widrigen Umstände Dank Corona in fast allen Lebensbereichen stand in den letzten Wochen für mich und meine Familie eine besondere Situation an. Schwanger im letzten Drittel, mit zwei kleinen Söhnen einen Umzug mit Renovierung planen und durchführen in Zeiten von Kitaschließungen & Co.. In diesem Post möchte ich euch mitnehmen in das emotionale Umzugschaos im Spannungsfeld vom Abschneiden alter Zöpfe und dem Neugestalten auf dem Weg zu mehr Einfachheit!
Packen! Mit was beginnen?
Das Timing ist etwas schwierig, wenn du bereits begonnen hast, weniger zu besitzen. Packst du zu früh, werden Dinge immer wieder aus den Kisten genommen, da die meisten Gegenstände ja tatsächlich oft in Nutzung sind. Packst du zu spät, entsteht erst recht Chaos! Wo also anfangen?
Der Keller oder der Dachboden bzw. die Garage wären unter diesem beschriebenen Aspekt hervorragend geeignet aber natürlich nicht gerade mein erstes Wunschziel. Diese Orte sollten ausserdem erst später angegangen werden, da dort alle zu entsorgenden Dinge zwischengelagert werden und sich dort auch prinzipiell einfach mehr zu entsorgendes versteckt. Allerdings solltet ihr hier auch nicht zu spät ankommen, da auch das verantwortungsvolle Entsorgen Zeit benötigt. Beispiele hierfür wären, die notwendig zu planende Sperrmüllabfuhr, das warten auf den Termin des Schadstoffmobils, den Verkauf auf gängigen Plattformen sowie Märkten oder Basaren. All das findet nach dem eigentlichen Aussortieren statt und mein Wunsch, all die aussortierten Dinge noch mal im neuen Zuhause zwischenzulagern war sehr gering.
Der Vorteil daran mit der Wohnung anstelle der Lagerräume zu beginnen ist, dass wenn die “Lager” erreicht werden, der Muskel zum Loslassen im Gehirn bereits fleißig trainiert wurde und es viel schneller Fortschritte im Lagerbereich gibt. Ausserdem wißt ihr dann auch genau, was in der Wohnung noch vorhanden ist und doppelt und dreifach vorhandener Kram kann gehen.
Mein Weg begann also schon aufgrund der Vereinbarkeit mit dem Rest der Familie, sprich der Beaufsichtigung der Jungs, demnach im Wohnbereich.
Der erste so schön leere Karton.
Als der erste leere Karton vor mir steht, fühlt sich diese Leere so gut an, dass ich etwas brauchte, bis ich mich überwinden konnte, diese tatsächlich mit unseren Dingen zu befüllen. Es ist, wie ein innerer Widerstand, der das Chaos des Alltags gerne aus dem neuen Zuhause aussperren will.
Als ich mich dann für das Büro als ersten Ort entscheide und mit den ersten Ordnern beginne, ist es für mich allerdings anders als bei den vorherigen Ansätzen – irgendwie ist es noch mal intensiver. Die Frage, ob ich das wirklich alles von A nach B tragen möchte und benötige macht einen Unterschied!
Es war nicht das erste mal, dass ich durch meine Akten ging und doch hat mich, noch bevor ich den ersten Ordner in den Karton stellte, eine Vielzahl von Papier verlassen. Den Ansatz alles aus dem Schrank zu nehmen und alles in die Hand zu nehmen und dann eine Entscheidung zu treffen, habe ich auch zuvor schon verfolgt, aber die Tatsache einen Karton zu befüllen und in einem anderen Zuhause damit anzukommen, veränderte und verstärkte das innere Gefühl erneut und half noch ein bisschen mehr loszulassen.
Packen als Spurt oder als Marathon?
Es war ein bisschen beides. Manche Bereiche, wie das Badezimmer, in denen ich bereits sehr erfolgreich meinen Bestand reduziert habe und auch schon weiter mit meinen Bestrebungen zu Zero Waste bin, gingen mir ganz schnell von der Hand und habe ich auch erst ganz am Ende überhaupt gepackt, da mir sonst die alltäglichen Dinge zur Nutzung gefehlt hätten. Andere Bereiche hingegen zogen sich ewig in die Länge und manchmal wollte ich lieber verzweifeln, da ich weder eine Kiste packen wollte, noch schaffte mich einfach von dem betreffenden Zeug zu trennen. So leicht mir also der Bereich Kleidung und Bücher gefallen ist, so unangenehm waren für mich Erinnerungsgegenstände, Erbstücke und der Inhalt meiner Küche. Als Fazit könnte ich also sagen, dass das Packen selbst einfach und schnell ginge, wäre da nicht die mittlerweile stark gewachsene Aufmerksamkeit zum Unterscheiden, welche Gegenstände das Leben bereichern können, leider notwendig sind oder was hingegen belastet und gehen sollte.
Kein Umzug in Sicht aber trotzdem neuer Wind notwendig?
Für die von euch, die gerne von den Vorzügen einer solchen besonderen Situation profitieren wollen, aber nicht vorhaben den eigenen Wohnort zu wechseln, schlage ich vor, eine Packing Party für die ganze Wohnung oder auch nur für einzelne Bereiche zu feiern. Man packt zuerst ALLE Dinge in Kartons, um danach nur die Teile in einer gewissen vorherbestimmten Zeit oder auch einem Turnus (z.B. nur ein Teil pro Tag/ Woche) wieder herauszunehmen, die tatsächlich vermisst wurden. Nach Ablauf der gesetzten Gesamtzeit wird alles in den Kartons Verbliebene gespendet bzw. anderweitig verantwortungsvoll entsorgt.
Renovierungsbedarf oder die unzähligen Fahrten in den Baumarkt
Selbst wenn alle Freunde gefragt wurden, um Werkzeuge oder notwendige Geräte zu leihen und auch Maschinen zur einmaligen Nutzung anderswo gegen eine Gebühr geliehen wurden, bleiben unzählige Kleinigkeiten aber auch größere Dinge, die trotzdem gekauft oder besessen werden müssen. Von Schrauben bis Sägen und von Farben bis Pinseln. Notwendige Reparaturen an zu Schaden gekommenen Möbeln, wie in unserem Fall unserem Sofa aber auch Installationen von benötigten Lampen oder anderer gewünschter Technik, setzen Ersatzteile oder Montagezubehör voraus.
Auch Dinge, die bei der Übergabe in der neuen Wohnung verblieben sind – von Balkonkästen zu Restfliesen und von Einbauten bis zu alten Installationen. Es sind Entscheidungen zu treffen, Reparaturen oder Entsorgungen vorzunehmen und hierfür werden meist kleinere bis größere Anschaffungen notwendig.
Aber auch eine positive Erweiterung des Lebensraumes, durch z.B. einen Balkon oder einen eventuellen Garten bringen vielleicht den Wunsch nach einer Bank, einer Liege, eines Spielgerätes nicht nur für die Kinder oder auch nur eines Sonnenschirmes mit sich. Wie auch immer und in welcher Dimension auch immer, vom Besteckkasten bis zum Mülleimer oder einer neuen Vorhanglösung – so ein Umzug führt zum Überdenken des eigenen Lebensraums auf ziemlich allen Lebensebenen.
Chance zum Hinterfragen des Bestands oder Herausforderung für das minimalistische Herz?
Und wieder ist die Antwort wieder ein klares beides! Emotionale Höchstgeschwindigkeit zwischen Reduzierung im ersten Schritt und Neukonsum in der zweiten Phase. Wir haben natürlich den Wunsch es uns auch im neuen Zuhause schön zu machen und es ist keine einfache Aufgabe sich dank Pinterest und Co., also angesichts all der schönen Dinge, immer an die eigenen lieb gewonnenen Prinzipien oder vielleicht auch „Schutzmaßnahmen“ zu halten.
Die Grenze zwischen geliebter nützlicher Neuanschaffung und Konsumwunsch bzw. auch Statusanschaffung sowie der Gefahr eines totalen Fehlkaufs bei übereilter Entscheidung bei gewissem Zeitdruck sind fließend und sollte diese besondere Lebensphase bei dem ein oder anderen von euch bald anstehen, drücke ich euch von Herzen die Daumen allzeit einen kühlen Kopf zu bewahren.
Eure Jasmin!